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Wintertreffen Pongau 2018

Zum sechsten Mal folgten wir dem Ruf der Pongauer Dreiradfahrer.

Ganz edel in weiß - auf dem Jaufenpass

Nachdem uns die Tour über die Schweiz im letzten Jahr so viel Spaß gemacht hat, haben wir dieses Mal noch einen draufgesetzt.
Das Wochenende sollte auf sieben volle Tage ausgeweitet werden, mit mehr Spaß bei den Verbindungsetappen und mehr Zeit in der Schweiz.

Gesagt getan, munter ging es schon donnerstags los Richtung St. Johann im Pongau.
Nach knapp zwei Stunden Fahrt und 100 km wurde kurz pausiert, um zu tanken und eine Käsewürfel/Salami Kombination einzuwerfen.
Beim Reinigen des Visiers habe ich mich gewundert, warum denn der Helm hinten so dreckig ist, so schlimm war doch die Straße (trotz Dauerregens) nicht.
Und die Tankstelle war auch recht runtergekommen, voll die Ölflecken neben der Zapfsäule.
Mein Motor roch auch etwas heiß/ölig, dabei sind wir doch brav nur 90 km/h Spitze gefahren und haben die Maschinen eigentlich nicht überhitzt.

Beim Umparken von der Zapfsäule weg fiel mir dann auf: Hoppla-Ho, genau hier an der Stelle sind ja auch Ölflecken. Und so frische.
Moment, da wird doch nicht.....?

Schwitzt der nur? Oder isses doch ein Auslaufmodell? Externe Kettenölung?

Ach Du Schei... - die Jialing verliert massiv Öl! Ist der kleine Motor nach 61.000 km jetzt doch hin?
Oder - ach Du zweimal Schei... - warum fehlt denn da der Öleinfüllstutzen?
Stimmt, ich hatte gestern spät abends noch liebevoll 300ml nachgegossen, und dann den Deckel auf dem Batteriekasten liegen lassen.
Eine Stunde später kam auch ein Foto aus der Heimat, mit Bild des fehlenden Teils und der Frage, ob das denn wichtig sei ...

Ja was fehlt denn da? Tipp: Wenn man in den offenen Motor schauen kann isses nicht so gut.

Ich vermerke: Man kann ohne Stutzen, quasi mit offenem Motor, zwei Stunden und 100 km fahren, und es ist noch nicht unter Minimum. Da wäre noch was gegangen.
Da die Strecke aber noch weit war, habe ich dann doch lieber improvisiert, mit einem alten Lappen, einer zu kleinen Schraube und viel Klebeband das Loch verschlossen.
Hat nicht so ganz doll gehalten (Klebeband auf heißem, öligen Motorgehäuse), aber bis Österreich hat's gehalten, und das eilig kontaktierte Team vom Gespannservice Löw hat seinem Namen alle Ehre gemacht und mir als Sonder-Service einen neuen Stutzen zum Treffen mitgebracht. Danke dafür, Team Löw!

Mir wurde gesagt, mit Klebeband könne man alles reparieren was fest sein muss, aber lose ist. Ich glaube, hier muss man das differenzierter betrachten.

Schön glänzt der Lack. Und der Koffer. Und der Sattel. Eigentlich alles. Top konserviert.

Bei der Heimreise vom Pongauer Treffen 2015 sind wir ja in der Kaiserklamm steckengeblieben. Auch wenn damals die Entscheidung umzukehren völlig richtig war, ist es doch eine kleine Schmach, und der Stachel sitzt tief.
Unsere Anreise über den Achenpass führt uns genau dort vorbei, wo wir 2015 herausgekommen wären. Also versuchen wir es diesmal aus der anderen Richtung. Das kann doch nicht so schwer sein, sich durch die Kalkalpen vorzuarbeiten!

Wir haben noch "Herzlich Willkommen" gelesen, dann waren wir schon vorbei. Wenn es da wirklich eine Forst-Wirtschaft gibt, kehren wir gerne ein, im Forst.


Irgendwie haben wir dieses Schild übersehen (erst bei der Rückfahrt wurde es wahrgenommen, ehrlich), und wir haben uns aufgemacht die Forststraße zu bezwingen. Doch es gab verblüffende Parallelen zu 2015:
Wieder gab es herrliche Schotterpisten, wunderschöne Landschaft, dann unerwartet Schnee, und wieder sind wir an die Grenzen der Gespanne gekommen. Anders formuliert - wir haben uns hässlich festgefahren und durften schuften, um die Gespanne wieder flott zu bekommen. Und als wir uns gerade schön aus dem Schneegraben rausgearbeitet hatten, kam auch prompt wieder ein Förster vorbei und fragte uns, was wir denn hier suchen würden und ob wir denn das Schild nicht gesehen hätten...
Mit dem besten Unschulds-Blick schilderten wir unsere Not und dass wir uns verfahren hätten und eigentlich nur wieder zurück auf die Hauptstraße wollten und ob das denn in diese Richtung der richtige Weg wäre...
Er hat uns das genauso wenig abgekauft wie der Förster auf der anderen Seite....

Aufi geht es, über die schönsten Schotterwege. Herrlich, eben keinen Asphalt unter den Rädern zu haben.

Ja da schau her, es gibt doch Schnee! Er kam schnell und unerwartet, aber so ein bisschen weiße Pracht hält uns ja nicht auf. Pah!

Pah, hat der Schnee gesagt, so ein bisschen Gespann halte ich doch locker auf. Während die Jialing schon Platz macht und seitlich parkt, schafft es die Ural sich dank 2 WD noch tiefer festzufahren.

Auch mit kleinem Bächlein unterm Schnee - sehr schön hier. Ohne Ketten nicht bezwingbar, aber sehr schön.

Am Donnerstagabend sind wir noch Fränkys Einladung gefolgt, und haben Ihn in seinem Motorrad-Wohnzimmer bzw. dem Schrauberkeller mit Gespannaufzug besucht, und dabei Anke und Ralf kennengelernt. Ein vergnüglicher Abend mit wichtigen Themen wie z.B. der österreichischen Typisierung von Gespannen - die machen da tatsächlich Fotos des Fahrzeugs bei der Abnahme, um spätere Änderungen am Fahrzeug sofort erkennen zu können.
Oder auch der Hinweis auf wertvolle Fernsehsendungen wie "Vurschrift is Vurschrift". Hier werden kleinkarierte Rechtsfragen geklärt, wo der Amtsschimmel so richtig wiehert.
(Die Sendung ist übrigens ein Ableger der Show "Bist Du deppert!")
Einen kleinen Hau haben sie schon, die Nachbarn, aber irgendwie auch sympathisch.

Das mit der Sympathie hat sich aber ganz schnell gegeben, als wir wieder einmal in eine Verkehrskontrolle gekommen sind, wieder hat man uns knapp vor dem Gästehaus des Treffens abgefangen.
Nicht wir, sondern die Gespanne mussten ins Röhrchen pusten - es gab eine technische Kontrolle der Abgaswerte mit Sondermessung des Feinstaubausstoßes.
Ja geht's noch? Sind wir hier in Stuttgart oder was, ich dachte in den Alpen ist die Luft noch sauber?
Tja, damit das auch so bleibt wurden wir also geprüft an einem Messstand mit der Technologie eines nicht näher genannten deutschen volksnahen Autoherstellers.

Da steht er, der Schupo, und lacht. Weil er genau weiß, dass er uns jetzt erwischt hat. Da hat er gut lachen.

O weih oh weh, hier hat sich gezeigt warum die Jialing die Euro-4 Hürde nicht geschafft hat.
Mit einem wirklich schlechten Wert wurde mir die Plakette, und somit die Weiterfahrt versagt.
Herr Wachtmeister, was können wir denn da jetzt machen? Ich muss doch zum Treffen, und weiter in die Berge!

Klar ablesbar, der Wert im Display. Gegen eine offizielle Messung kannste nix machen. Gar nichts.

Natürlich muss das Gerät entsprechend kalibriert und eingestellt werden. Ohne eine Sonderausbildung wüsste man hier nicht, wie die ganzen Schalter zu bedienen sind.

Hier der Sachverständige Fabian, welcher die komplexe Messung mittels Werteprotokoll nochmals bestätigt. Als vereidigter Prüfer hat er die Richtigkeit der Werte bestätigt. "Ich schwör" hieß es.

Zum Glück ist der findige österreichische Ingenieur der EU schon wieder einen Schritt voraus, und hat einen speziellen Partikelfilter konstruiert, welcher die Feinstaubbelastung drastisch senkt!
Über einen sog. Hopfenfilter wurden die Schadstoffe aus den Abgasen gefiltert - man konnte mitverfolgen wie die Werte des Fahrzeugs sich verbessern, bis hin zur Einhaltung der Grenzwerte.
Das Filtrat wurde dem Fahrzeugführer ausgehändigt zur persönlichen Entsorgung.
Glück gehabt, nun gibt es auch für unsere Fahrzeuge die blaue Plakette!

Blaue Plakette á la Pongauer Dreiradfahrer. Inklusive nettem Gruß an all diejenigen, die sich bei den offiziellen KFZ mit der ganzen Abgasthematik dumm und dämlich verdienen.

Die Messwerte für die Ural waren übrigens noch verblüffender, hat sich doch ein negativer Wert gezeigt, und somit eine Verringerung der Feinstaubbelastung im Fahrbetrieb!
Wie die Russen das nur wieder hinbekommen haben. Kein Wunder, dass Euro-4 kein Problem war für die aktuellen Ural-Gespanne.

Das Resultat der Messungen. Die Ural (oberes Messprotokoll) hat leicht besser abgeschnitten als die Jialing.

Nachdem die technische Überprüfung dann von allen Gespannen gemeistert wurde, gab es ein entspanntes gemütliches Beisammensein.
Wertvolle Ural-Tipps wurden ausgetauscht, wie z.B. der Hinweis von Dirk, dass die Benzinpumpe mit Luft im System gar nicht gut klar kommt.
So kann es sein, dass bei leergefahrenem Tank trotz Reservebetankung der Motor nicht mehr anspringen will. Genau das haben wir in Irland erlebt, als wir in Cashel dumm geschaut haben, weil die Ural nicht mehr wollte.
Die Lösung ist angeblich einfach den richtigen Flansch von der Pumpe abzuziehen und ein wenig Benzin und die böse Luft in die Freiheit zu entlassen. Das merken wir uns.

Rudi, der zweite Beifahrer auf Ronja - mit Ihm war es kein Problem jeden Elchtest zu bestehen.

Für die Ausfahrt am Samstag haben die Pongauer wieder ein besonderes Schmankerl vorbereitet. Der Weg zur Strussingalm hat Schnee, anspruchsvolle Passagen und strahlenden Sonnenschein geboten.
Bei einer Gruppenausfahrt kommt es vor, dass vor einem jemand steckenbleibt. Man selber hätte zwar genug Schwung und Grip, um weiterzufahren, hilft aber nichts, wenn der Weg blockiert ist.
Ein Ural-Team hat uns mit dem schönen Dialog bereichert, den wir fortan gerne im Helmfunk rezitiert haben:

Fohr zua!

Da is koa Platz!

Nach diesem Dialog darf dann entweder halsbrecherisch rechts oder links überholt werden, oder das vorausfahrende Fahrzeug muss mittels eines Katapultstarts schnell Platz machen.

Aufwärts geht es im Konvoi. Auch ohne Schnee ist es schön durch die Berge zu fahren.

Sonnenschein und Bergblick - Nice!

Doch kaum schraubt man sich hoch genug, darf es auch gerne kälter und schneeiger werden.

So sollte jeder Stopp einer Tour aussehen. Starke Anfahrt, eigene Alm, Ausblick und viel Natur.

Die große Weite und den tollen Blick in den Bergen kann man fotografisch nur schwer erfassen - hier der Versuch mittels Panoramabild.

Eigens für die Gespannfahrer wurde auf der Strussigalm die Versorgung in flüssiger und fester Form sichergestellt.
Ausgiebig wurde diskutiert wie man Gespanne schneefahrtauglich machen kann. Bernhard hat uns seine Spezialketten vorgestellt, aber es gab auch andere Meinungen:
Um jede Schneepassage zu meistern braucht man nur zwei Dinge:

  • gute Winterreifen und
  • fahrerisches Können

Ob das so stimmt sei dahingestellt, in Norwegen war ich über meine Spikes sehr froh, und letztes Jahr habe ich auch die Anfahrhilfe-Ketten beim Ofenpass dringend benötigt.
Wobei, da hatte ich dann zwar einen Winterreifen, aber vielleicht hat es einfach an der zweiten Voraussetzung gemangelt...

Was macht man, wenn eigentlich kein Platz ist für eine Schneekette? Genau, man konstruiert sich eine ganz eigene Kette mit Spezialmontage. Bernhard hat's vorgemacht.

Guckst Du: Passt genau auf das Profil, steht seitlich nicht über und schleift nicht hässlich.

Gespannfahrerkarte. Das sollte europaweiter Standard werden. Nicht-Gespannfahrer dürfen dann aber trotzdem was bestellen.

Zum inzwischen obligatorischen Ausflug zum St. Johanner Lichtfest haben uns diesmal Anke & Ralf begleitet, als Highlight hat uns Anke den Platz im Enduro-Beiwagen abgetreten.
Boah, was macht das Spaß da mitzuturnen. Für längere Touren vielleicht etwas sehr offenherzig, aber toll, wenn man als Beifahrer aktiv mitfahren kann, statt nur eingemümmelt und bewegungslos den Launen des Fahrers ausgeliefert zu sein.

Der Sonntag Morgen hat uns den Abschied etwas leichter gemacht als nötig - strömender Regen war angesagt.
Für diejenigen die nach Hause fuhren kein so toller Start, wir jedoch hatten ja die Alpen auf der Route und haben darauf vertraut, dass mit mehr Höhe auch mehr Schnee kommt.
Und tatsächlich, die Hinweisschilder zur Felbertauernstraße versprachen uns schon schneebedeckte Fahrbahn. Als Warnhinweis stand das da, so ein Quatsch, das müsste doch als besonderes Highlight gekennzeichnet werden!
Hurra, schneebedeckte Fahrbahn bis zum Tunnel, und oben an der Mautstation dann Schnee satt. Gleich mal auf dem Parkplatz spielen gehen - huii, da kann man sich aber schön links- und rechtsherum drehen!

Felbertauernpass; Frischer Schnee von oben, Schnee zum Spielen unten.

Weiße Winterwunderlandschaft. Wunderbar.

Auch im Süden schneebedeckte Fahrbahn, also entsprechend vorsichtig die Höhenmeter wieder abbauen. Aber auf der viel zu gut ausgebauten Felbertauernstraße fahren macht ja keinen Spaß, also gleich mal die Abfahrt nach Matrei genommen, um sich auf kleineren Sträßchen zu bewegen.

Doch Hoppala - ja was macht die Ronja denn auf der Abfahrrampe Richtung Matrei? Ich fahre hinter dem Gespann und kann es genau sehen: Eine Entweder-Oder Situation.
Entweder es wird gebremst, dann verzögert das Gespann minimal, allerdings nur in Fallrichtung, die leider nicht exakt dem Straßenverlauf entspricht.
Oder es wird gelenkt (hilfreich um dem Straßenverlauf zu folgen), aber dann darf nicht gebremst werden.
Nun geht es bergab, und Bremsen können wäre schon schön. Aber auch das Lenken, um auf der Straße zu bleiben, ist recht attraktiv.
So geht es schlitternd und schleudernd auf die erste Kreuzung zu, nur gut, dass hier so wenig Verkehr ist.

Als Martins Puls wieder unter 200 ist, wird sich drauf geeinigt, dass diese fiesen glatten Straßen abseits der großen Piste vielleicht doch nicht so toll sind und wir durchaus doch wieder auf die Hauptstraße fahren dürfen.

Der Matrei-Effekt: Von Norden kommend gab es eine bewusstseinserweiternde Erfahrung. Falsche Reifen sind einfach nix.

Also, was hat uns dieser Matrei-Effekt gelehrt?
Die Heidenau K37 sehen urgewaltig aus mit Ihren dicken Knöppeln und der großen Profiltiefe.
Im Matsch und auf Wiesen, im Gelände und Wald ist der Grip echt super.
Auf nasser Fahrbahn braucht es schon viel Gefühl wegen mangelnder Traktion.

Aber auf Schnee gehen die gar nicht. Im Sinne von gar nicht.
Somit war auch klar, dass wir die Routenplanung etwas umstellen werden müssen - schneeige enge Pässe werden mit dem Grip der Ural nicht machbar sein.
Und Schneeketten oder Anfahrhilfen passen wegen der Bauweise des Ural Kardans nicht drauf.
Siehe oben - da hilft das beste fahrerische Können nicht, wenn die Reifen nicht passen.
Der angedachte Staller Sattel war sowieso wintergesperrt (vor ein paar Tagen war er noch offen), also wurde die Route über Lienz gewählt.

Das Tagesziel am Sonntag hieß: Irgendwo zwischen dem Pongau und Graubünden eine Unterkunft finden, das Inntal meiden und stattdessen schöne kleine Straßen fahren.
Gesagt getan, dank Naviplanung "kurvenreiche Route" von der Hauptstraße abgefahren und so die Pustertaler Höhenstraße gefunden.
Ein herrliches Stück Straße, dem Namen Höhenstraße gerecht werdend mit wunderschönen Ausblicken ins Pustertal.

Schneebedeckte Fahrbahn. Ohne plötzliche Richtungs- oder Beschleunigungswechsel ganz okay.

Wegen solcher Bilder fährt man im Winter in den Bergen Gespann. Denn hier passt alles.

Die Pustertaler Höhenstraße geizt überhaupt nicht mit herrlichen Ausblicken.

Unsere Urlaube in Schottland und Irland haben uns gelehrt, nicht abends im Dunkeln auf den letzten Drücker eine Unterkunft zu suchen, sondern gar schon mittags, mit Internet und Telefon eine Herberge zu buchen.
Für Verwirrung hat diesmal das Navi gesorgt. Laut Routenplanung kamen wir durch wohlklingende Orte wie Brunico oder Bressanone, die Google Unterkunftssuche hat uns da aber nicht viel angeboten, obwohl die Orte doch recht groß aussahen?
Offensichtlich fehlt uns noch Südtirol-Erfahrung, denn die übersetzten Versionen lauten Bruneck und Brixen, und mit diesem Wissen klappt es auch auf den Internetportalen mit der Zimmersuche.
Wir haben etwas in der Fraktion Elvas gefunden. Bei mir hat sich gleich die Rote-Armee-Fraktion assoziiert, und ich habe mir einen zackigen militärisch geprägten Ort vorgestellt.
Tatsächlich aber ist in Italien eine Fraktion kein radikales Bündnis, sondern schlichtweg ein Ortsteil, in dem Fall wunderschön gelegen auf einem Apfel- und Weinanbau-Hochplateau.
Regional stimmig sind wir dann der Empfehlung unserer Wirtin gefolgt sind und haben uns einen Abend mit italienischer Küche im "Goldenen Apfel" in Natz gegönnt.

Bei der An- und Abreise ins Restaurant haben wir herausgefunden: In einen Uralbeiwagen setzt man sich besser nicht zu zweit. Beide Beifahrer leiden, an Schienbeinzertrümmerung, Oberschenkelzerquetschung, Fahrtwindkältevereisung durchs Hosenbein und anderen unaussprechlichen Formen der Folter. Zumindest zwei ausgewachsenen Menschen ist zu empfehlen, doch besser den Soziussitz mit zu nutzen.

Am nächsten Tag galt es wieder einen offenen Pass zu finden, und laut Internet sollte der Jaufenpass befahrbar sein. Dank der "kurvenreichen" Streckeneinstellung lenkte uns das Navi hinter der Franzensfeste zum Penser Joch.
Huii, ein anspruchsvolles Stück durch den Wald. An einer Steigung hat dann die Traktion bei beiden Gespannen versagt. Auch mit viel Schwung gab es hier kein Weiterkommen.
Der Bauer, der gerade Jagen gehen wollte, hat sich unsere Versuche sowohl amüsiert als auch mit Respekt angeschaut. Er meinte, ohne Schneeketten käme er da auch mit seinem Traktor nicht hoch.

Die Waldauffahrt zum Penser Joch. Hier der Blick von der Stelle talwärts, an der es nicht mehr weiterging. Einmal nicht, zweimal nicht, dreimal nicht, ...

Wenn ein Gespann an einer Bergpassage quer zur Fahrtrichtung steht, dann war das so gewollt! (Jedesmal!)


Aber wir haben nicht lockergelassen, und mit vereinten Kräften und geschickter Belastung mit ein oder gar zwei "M" auf den richtigen Achsen ging es weiter, bergauf und in den Wald hinein.
Die Strecke war ideal für uns: So knifflig, dass es teils mehrere Anläufe gebraucht hat um einige Passagen zu meistern, aber doch so, dass wir es immer wieder irgendwie geschafft haben.
Und wenn man etwas zu übermütig wird, dann fährt man halt mal in den (schneebedeckten) Graben und verhakt sich mit dem Vorderrad in der Regenablaufquerrinne. Weil man es kann.
Ein herrliches Stück Alpenweg - genau wegen solcher Routen halten wir uns im Winter in den Bergen auf!

Blick von oben, wenn man dank zweier Schubgeber die steilste Stelle gemeistert hat.

Die beiden Schubgeber waren auf einmal so müde - verstehe ich gar nicht, ich saß doch auch auf dem Gespann, das sie angeschoben haben. War nicht so schlimm?

Naja, war wahrscheinlich Zeit für die Mittagspause. Komisch nur dass bei beiden der Puls so um die 200 war? Ist das gut für eine Pause?

Das ist doch mal ein Ausblick - das Navi verspricht viel Spaß.

Der Jaufenpass, entsprechend professionell ausgebaut, hat uns dann wieder gezeigt warum der Matrei-Effekt hier auch gilt. Während die Jialing mit den Winterreifen ganz gut durchgezogen hat, ist die Ural ständig an der Grenze der Traktion gefahren. Eigentlich ein eher riskantes Vorankommen, aber dank angepasstem Tempo und so gut wie gar keinem Autoverkehr haben wir uns die Zeit genommen, kontrolliert die schneebedeckten Spitzkehren zu meistern und so die Passhöhe bis zur Edelweißhütte zu erklimmen.
Abwärts ging es wieder auf Schnee bis ins Tal nach St. Leonhard, wo wir uns in der Stadtmitte ein leckeres Mittagessen gegönnt haben. Dank Sonnenschein dinierten wir auf der Außenterrasse. Im Winter mit Alpenblick draußen lecker Speisen - ein weiteres Highlight.

Die Westpassage des Jaufenpasses. Wenig Verkehr, viel Schnee, viel Freiheit.

Die Edelweißhütte. Ein wyrdiger Ort für einen Stopp auf der Passhöhe. Das ist Kultur!

Gerne hätten wir hier ein wärmendes Getränk zu uns genommen, aber die schneeverwehte Eingangstür hätte uns schon zu denken geben sollen. Da war wenig Publikumsverkehr...

Eine breite Piste bergabwärts. Schön beim Snowboarden, schön beim Passstraße heruntereiern, äh, will sagen, souverän im Traktionsbereich herunterspuren.

Der Weg in die Schweiz hat uns über Meran geführt. Wusste ich doch, dass die Stadt "irgendwie schön" sein sollte, aber das hätte ich dann so nicht erwartet.
Der Reiseführer spricht von "Prunkbauten der Belle Époque" - und zwar zu Recht. So fuhren wir, winkend wie die Königin von England, durch Prachtalleen und an mittelalterlichen Laubengängen vorbei und genossen die alpin-mediterrane Atmosphäre. (Ich gebe zu, das habe ich jetzt von der Tourismusseite geklaut. Aber die Stadt ist echt der Hammer.)

Wie geplant kamen wir noch im Hellen bei unserer Gastgeberin Janine an (den Namen bitte auf der ersten Silbe betonen, kein Deutsches Janieeeeeene), die uns auch gleich ein original schweizerisches Raclette vorbereitet hat.
Doch der Abend war noch nicht zu Ende, hatten wir doch Lord Gunter gebeten, für uns die kleinste Whiskybar der Welt zu öffnen.
Da sind wir schon letztes Jahr dran vorbeigeschlichen, dieses Jahr galt es zu prüfen, ob es da denn auch leckeren Whisky gibt.
Den gab es tatsächlich, und passend zum gereiften Whisky bekamen wir auch gereifte Unterhaltung von Gunter persönlich, Stories rund um Whisky und andere Themen.
Ein ebenso vergnüglicher, alkoholreicher, kostenungünstiger wie unterhaltsamer Abend.

Die kleinste Whiskybar der Welt - nicht zu klein, um nicht ein reichhaltiges Sortiment an finest Whisky bieten zu können.

Der Dienstag war als reiner Spieltag geplant. Die Routenwahl über vier Pässe mussten wir wegen Wintersperren und Sommerreifen ein wenig umstellen.
Wir haben unsere Gastgeberin nach Routentipps gefragt, wobei wir zunächst erklären mussten, was denn eine schöne Route überhaupt ist.
Schneebedeckt, schwierig zu meistern, möglichst klein und schotterig, gerade noch legal befahrbar. Solch einen Streckenwunsch kannte sie von anderen Motorradfahrern wohl noch nicht.
Wir haben einen super-Tipp bekommen, eine winzige Höhenstraße den Berg hinauf, bis hin zum schönen Örtchen Lü, von wo aus es wirklich nur noch mit Langlaufskiern oder Schneeschuhen weitergegangen wäre.
Das Terrain anspruchsvoll, hier und da wurde der 2WD benötigt, mangels Leitplanke war kontrolliertes Fahren Pflicht, denn so ein Abhang neben der Straße ging gerne auch mal tief, tieeeef runter.
Aber genau unserer Streckentyp, und wenn man doch mal kurz den Blick von der Straße nehmen konnte, wurden wir mit herrlichen Bergsichten im Sonnenschein belohnt. Ui ist das schön hier.

Die Gespanne und die Natur haben sich mit einem weißen Deckchen zugedeckt. Für Garagenparker undenkbar, aber wir müssen ja auch keine Scheibe kratzen.

Kleines Schweizer Bergdorf mit Blick ins Tal. So klein, dass auch beim Namen gespart werden musste...

Wie seinerzeit im Februar in Norwegen. Schnee unter den Rädern vom Feinsten.

Niemals nicht würden wir uns über Straßenschilder hinwegsetzen. Denn in der Gegenrichtung stand so ein Schild nicht! Nach zwei Kurven war aber dann die Strecke zu Ende, man hätte auf Schneeschuhe umrüsten müssen, um weiterzukommen.

Hier ein Beispiel für einen Streckenabschnitt, wo man nicht versehentlich ein Stückchen von der Fahrbahn abkommen sollte. Dann hätte die Gravitation doch zu arg Richtung Tal beschleunigt.

Danach wurde der Ofenpass in Angriff genommen. Schneebedeckt, aber mit weniger Neuschnee als letztes Jahr, drum kam die Jialing auch gut durch, die Ural hat sich auch tapfer geschlagen und hat es irgendwie bis zur Passhöhe geschafft. Oben angekommen, fielen zwei Entscheidungen:
1) Wir fahren nicht weiter die Nordseite bergab, denn die Auffahrt war schon Grenzwertig, und der weitere Streckenverlauf auf der anderen Seite wäre wohl eine Einbahnstraße bergab geworden.
2) Wir müssen uns unbedingt oben auf dem nicht geräumten Park / Wende /Bushalte-Platz austoben.
Mit viel Schwung in den Tiefschnee fräsen bis das Boot komplett aufliegt und dann Gas Gas Gas. Entweder man kommt durch oder nicht. Ein Spaß für das ganze Team.

Fräs fräs - unglaublich wie viel Schwung verloren geht und wie viel Gas gegeben werden muss damit man durch Tiefschnee durchkommt.

Zum Abschluss noch ein kleiner Powerdrift auf Eis - um die Kür elegant abzuschließen.

Bei der weiteren Fahrt habe ich einen kleinen Abzweig ins lokale Skigebiet entdeckt - mäßig geräumt, Schneeböschung, kleine Kurven, stets bergauf.
Völlig unmöglich sowas mit Sommerreifen zu befahren, und ich habe mir auf der Jialing auch nur ein paar Meter bis hinter die erste Serpentine gegeben. Aber versuchen wollte ich es.
Doch hoppla-ho, genau die Menge Grip die es braucht, um sich Stück für Stück vorzuarbeiten. Mal mit Drift, mal kurz vorm Anhalten, immer weiter ging es. Höher. Weiter. Schnee-iger.
Das Team Ural musste auf mich warten, aber die Strecke war einfach zu traumhaft, um sie nicht zu fahren, jede Minute ist mein Grinsen breiter geworden.
An der Liftstation (noch nicht in Betrieb) war dann Ende, ich musste kurz warten, um mein Grinsen und meinen Puls wieder auf ein halbwegs normales Maß zurückzufahren.
Aber die Kumpels haben sich bestimmt schon zu Tode gelangweilt, also zügig wieder zurück.
Doch was kommt mir da mit gewagtem Tempo in enger Kurve entgegen?
Die Ural mit zwei Menschen, denen ich das breite Grinsen durch den Helm hindurch ansehen konnte!
Wie haben sie das denn geschafft hier raufzukommen?
Wenn es offensichtlich nicht an den guten Reifen liegt, dann womöglich am fahrerischen Können? Nee, Spaß, muss wohl der 2 WD gewesen sein der sie gerettet hat.

Wir waren uns sehr einig: Das ist die Strecke schlechthin hier.
Perfekter Untergrund ohne ehemals gesalzenen Asphalt, nur griffiger Schnee.
Am Wegesrand keine fiesen Gräben oder Täler die 300m ins Nichts abfallen, stattdessen Schneeböschungen. (...in die wir uns natürlich nie eingefräst haben, es sei denn wir wollten das so!)
Kein Verkehr außer zwei Gespannen, die wieder und wieder und wieder in unterschiedlichen Fahrweisen rauf- und runtergedüst sind.
Geht es besser mit Vollgas und Drift und Schweißperlen auf der Stirn?
Oder souverän kontrolliert mit möglichst viel Traktionskontrolle am Hinterrad?
Die Kurven lieber schräg anfahren und versuchen sie anzudriften (...bis in die Böschung), oder doch die Ideallinie für erhöhte Kurvengeschwindigkeit?
Besser hinstellen für mehr Übersicht und mehr Gewicht und damit Grip auf dem Vorderrad, oder lieber den Hintern auf den Soziusplatz schieben um das Gewicht nach hinten auf das Antriebsrad zu verlagern?
Auffi und obi ging es ohne Unterlass, bis wir jede Schneeflocke persönlich mit Vornamen kannten. Ein Spielparadies.

Wer einen Einblick aus der Vogelperspektive des kleinen aber feinen Skigebiets Minschuns bekommen will, dem sei dieses Video empfohlen.

Kleiner Tipp am Rande. Wenn man die Getränke im Gespann lagert, und es draußen aber unter Null hat, dann ändert sich der Aggregatzustand in "nicht trinkbar". Flüssiglutschen ist nicht wirklich eine Option.

Abends wurden wir dann mit Schweizer Käsefondue verwöhnt - man soll ja lokal Essen, was in dem Fall eine richtig gute Idee ist.
Als Betthupferl bekamen wir Iva, eine regionale Likörspezialität aus Schafgarbe, die nur in großen Höhen wächst.
Statt "Prost" ruft man sich dann ein fröhliches "Iva" zu. Iva!
Wir hätten den Abend noch länger werden lassen können, doch ob der langen Heimfahrt am nächsten Tag sind wir ausnahmsweise mal etwas vernünftiger geblieben.

Wieder hat uns Janine in Ihrem B&B Chasa Jaro ganz herzlich aufgenommen.
Der weitere Ausbau der 600 Jahre alten Scheune hat dem B&B eine tolle Bar beschert und eine winzige Gastronomiehütte (die eher für den Sommer tauglich ist, aber mit Decken ging das schon...)
Überhaupt ist Santa Maria Val Müstair Anfang Dezember ebenso schön wie ausgestorben - um die Zeit ist einfach noch nichts los. Keine Skisaison = keine Touristen. Die Hotels und Gaststätten haben geschlossen, wer will denn schon im Winter irgendwo in die Schweizer Berge?

Ach so, ja, wir natürlich!

Zur Heimreise am nächsten Tag starten wir dann bei -14 Grad standesgemäß mit einer kleinen Schneepassage. Zugegebenermaßen gibt es in den engen Tälern nicht viele Routenalternativen, aber die kleine Schneestrecke abseits der Hauptstraße haben wir doch gefunden.
Die Alpen wurden dann über den Reschenpass überquert, da darf auch das Foto mit dem historischen Kirchturm im Lago di Resia nicht fehlen.

Durch die Schweizer Landschaft bei strahlend blauem Himmel. Man ist schon unangenehmer gereist.

Sonnenschein über dem schneebedeckten Feld. Pfui, das ist schon fast zu kitschig. War aber halt so.

Ein Stausee auf 1.500m Höhe ist schon eine Schau - wenn dann noch der Kirchturm des gefluteten Dorfs Alt-Graun rausschaut, dann kann man da gar nicht vorbeifahren, ohne ein Foto zu machen. Geht nicht.

Die Autobahnetappen auf dem Heimweg waren erwartungsgemäß weniger spannend. Das Pökelsalz auf den Straßen hat die Gespanne eingesaut und man kann sich schön vorstellen, was das mit dem Metall am Gespann für chemische Tänzchen aufführen wird.
Irgendwer hat mal was von 5-10% Wertverlust am Fahrzeug pro Winter gesagt, das mag schon hinkommen.
Andererseits: Wer einmal bei Sonnenschein in den Bergen durch den Schnee gepflügt ist, der weiß, dass es das alles Wert ist!

Spaß kostet.

So einfach ist das.

Und weil's so schön war, hier noch die Pässe-Liste:

  • Achenpass
  • Gerlospass
  • Felbertauernstraße (Staller Sattel - Wintersperre)
  • Pustertaler Höhenstraße
  • Penser Joch
  • Jaufenpass
  • Craistas / Lü
  • Ofenpass
  • Reschenpass

 

So sieht das dann kartografisch aus:

 Wer die Route im Detail in voller Größe sehen will, der möge hier auf die Gesamtkarte klicken.

Das Resümee der Tour?
Durch die Alpen im Schnee zu fahren ist eines der schönsten Erlebnisse für die, die das mögen.
Von ein paar Tagen Reise kann man lange zehren, was Erlebnisse, Erholung und Erfahrungen angeht.
Und mit dem Gespann ist es einfach etwas Besonderes zu Reisen und Menschen kennenzulernen.

Komisch, auf den Passhöhen hat man immer die schönsten Ausblicke. Vielleicht weil man von ganz oben nach unten schauen kann? Womöglich.

Martin, Markus und Klaus

 

 

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